Weltspiel-Geschichte-40:   
Albert Camus über Deutschland.



1. Vorrede


In unserem Weltspiel geht es um das Geschehen auf der Welt um die Vielfalt der unterschiedlichen Völker auf der Welt.
Es ist aufschlußreich zu sehen, wie Menschen eines Volkes ein anderes Volk beurteilen, erstens bevor sie es kennen und zweitens nachdem sie es kennengelernt haben.

Hat sich ihre vorgefaßte Meinung bestätigt oder geändert oder ist sie sogar in ihr Gegenteil umgeschlagen?

Beurteilen sie unter Umständen jetzt sogar ihr eigenes Land, ihre eigenen Führungsschicht anders als vorher?

Genau zu diesen Fragen liegen uns aus der Geschichte die Berichte von Albert Camus und von General George S. Patton vor.


Beide Berichte stammen vom Sommer 1945, in beiden Fällen waren die Beobachter in Deutschland tätig und sie berichten nur das, was sie selbst gesehen und empfunden haben.

Beide waren vor dem Besuch in Deutschland Gegner Deutschlands gewesen, Camus in der Resistance in Frankreich, Patton war Panzergeneral der US-Armee.

Der Bericht von Camus ist der Gegenstand dieser Weltspiel-Geschichte-40,

der Bericht von Patton ist der Gegenstand der folgenden Weltspiel-Geschichte-41.



2. "Images d'Allemagne occupée" von Albert Camus.

Der französische Schriftsteller Albert Camus gehört zu den wichtigsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts.
Im Juni 1945 bereiste er als 32jähriger Mann Süddeutschland.
Er schildert in einem bewegenden Reisebericht seine Gefühle und Empfindungen.

Albert Camus

Bildquelle:    http://en.wikipedia.org/wiki/Albert_Camus
Weitere Quelle zu Albert Camus:    http://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Camus





Vorab schildert er, daß er erwartet, in gebeugtes Land zu kommen.

"Für jemanden, der unter der Hitlerschen Besatzung gelebt hat, behält Deutschland ... einen blutigen und blinden Widerschein.
Un wenn man es sich aus der Ferne vorstellen will,
--bedeckt von fremden Armeen,
--eingezwängt in von nun an feindliche Grenzen,
--seine Städte in unförmige Steine verwandelt,
--seine Menschen gebeugt unter der Last des furchtbarsten Hasses,
malt man sich ... ein apokalyptisches Antlitz."

"Das jedenfalls war es, was ich undeutlich empfand, und alles was ich, unterwegs zur deutschen Grenze [auf französischer Seite, Anmerkung des Ins-Weltnetz-Stellers] auf vom Krieg zerpflügten Straßen sah, bestätigte meine Vorahnung."

" Ist es also verwunderlich, daß man sich Deutschland mit einem von Bitterkeit zusammengezogenen Herzen nähert?"

Camus reiste weiter von Ostfrankreich nach Deutschland in den französisch besetzten Teil, nach Baden und Württemberg.
Von hier berichtet er wie folgt:

"...kommt man in ein wohlhabendes Land voller prächtiger Kinderscharen, kräftiger und lachender Mädchen.
Auf den Wiesen wird der Reigen getanzt.
Man pflückt bunte Blumensträuße,
und die kleinen Kinder stecken Kirschen an ihre Ohren.

Keine Männer, das stimmt.
Aber
friedliche Greisenpaare, die am Abend die Straßen auf und ab gehen,
ordentlich gekleidete Heuwenderinnen,
elegante und saubere Spielzeugdörfer, mit allen Zeichen eines glücklichen und behaglichen Lebens.
Kurz gesagt, man betritt ein idyllisches Deutschland, wo der Reisende für Augenblicke zu träumen glaubt."



"Vor allem die Schönheit der Kinder ist atemberaubend.
Am Vorabend meiner Abreise, im alten Montmatre [=in Paris, Anmerkung des Ins-Weltnetz-Stellers] erblickte ich die Kinder auf unseren Straßen...
Hier dagegen kleine, fast nackte Körper, braun gebrannt und kräftig, gut genährt, mit erhobenem Kopf und klarem Lachen.
So gesehen läßt man sich leicht von der Wahrheit einer amerikanischen Äußerung überzeugen, wonach Deutschland den Krieg biologisch gewonnen habe, als einziges Land in Europa."
...
"Also teile ich diese Eindrücke mit, wie ich sie empfunden habe, und stelle es dem Leser anheim, daraus die Schlußfolgerungen zu ziehen, die er ziehen möchte."


Danach befaßt sich Camus damit, wie die Deutschen damit umgehen, unter der Besatzung einer fremden Armee zu leben:

"Aber dieses Land ist besetzt, besetzt von der französischen Armee.
Das Wort "Besatzung" hat für uns [=die Franzosen. Camus hatte während der deutschen Besatzung im Untergrund /Widerstand als Journalist gearbeitet; Anmerkung des Ins-Weltnetz-Stellers] einen Sinn.
So war ich neugierig auf die deutschen Reaktionen, nun da das Blatt sich gewendet hatte.

... nimmt man zu diesen Tatsachen hinzu, in welcher Ungewißheit über seine Zukunft sich Deutschland befindet,
(während uns in der nazistischen Besatzung die Hoffnung nie verlassen hat)
könnte man mit verzweifelten Reaktionen oder wenigstens mit Niedergeschlagenheit rechnen.

Die auffälligste Eigenschaft der Deutschen unter der Besatzung ist, immer nach den ersten Eindrücken geurteilt, ihre Natürlichkeit.
...
Die Menschen im Süden Deutschlands leben neben den französischen Soldaten, als hätten sie seit je so gelebt.
Ich habe (in Uniform) bei Einheimischen gewohnt.
Man hat mich dort herzlich begrüßt,
man wünschte mir gute Nacht,
man sagte mir, daß der Krieg keine gute Sache war,
daß der Frieden besser sei - vor allem der ewige Frieden.


Unter unseren Soldaten ist keiner, der nicht seine Freundin auf der anderen Seite hätte.
Das paßt zu dem verwirrenden Ferieneindruck, den man am Ufer des Bodensees hat,
wo eine ganze Armee braungebrannter und kräftiger junger Männer,
die über Tunesien, Italien und den Elsaß aus Nordafrika gekommen sind,
badet, Boot fährt, spielt in weiträumigen und mit Blumen bepflanzten Anlagen
und ihre Augenblickseroberungen um stille Seen herum ausführt,
mit der Aussicht auf die Alpen."


Camus schreibt nochmals, daß er selbst überrascht ist, und daß er tief beeindruckt ist:

"Dies sind die ersten Bilder, die meine Augen aufgenommen haben, und ich gebe sie wieder, wie sie sind.
Doch werde ich niemanden in Erstaunen versetzen wenn ich sage,
daß sich diese Bilder tief in mir eingegraben haben,
zunächst, weil sie unerwartet waren,
und dann, weil ich aus einem Land kam, das ein wenig anders reagiert und gelitten hatte."


Hier beende ich die Auszüge aus dem Bericht von Camus.
Albert Camus war ein berühmter Schriftsteller des letzten Jahrhunderts.
Viele seiner übrigen Werke sind weltweit verbreitet und in vielen Auflagen erschienen.


Dieser hier vorgestellte Reisebericht ist dagegen meines Wissens nach überhaupt nur dreimal gedruckt worden,
zweimal in Französisch und einmal in Deutsch:
1.
In der Beilage "Combat Magazine" der Zeitschrift "Combat", Ende Juni 1945 in Paris.

2.
In dem von Jaqueline Lévi-Valensi herausgegebenen Buch
"Camus a Combat", Verlag Gallimard, Paris, im Jahr 2002

Bezugsquelle:
http://www.chapitre.com/frame_rec.asp?sessionid=162923067290480418012821163 &donnee_appel=MOTEUR&pid=&quicksearch=camus+a+combat&source=ALL&x=12&y=11
Technische Angaben zu dem Buch:
Parution=Erscheinungstag 30/10/2002
EAN13:9782070759422
ISBN:2070759423
Poids:800grs
Nombre de Page:746
Preis ungefähr 33.25 €

3.
In Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
vom Donnerstag, 24. April 2003, Seite 33, linke Blatthälfte
in der Übersetzung von Henning Ritter
mit einem Vorwort von J.A.


(dieser Kasten stammt vom 29.Mai.2003 mit Ergänzungen aus 2004)


3. Zum Hintergrund.

Dieser lebensfrohe Reisebericht des Albert Camus wird in den Werkbetrachtungen sehr oft unterschlagen. Das ist schade, denn hier zeigt sich der Mensch Camus selbst als lebensfroh, dem Schönen, dem Guten, dem Gesunden und Kräftigen zugeneigt, er sieht genau das als Vorbild für sich und auch für Frankreich.

Sein sogenanntes Hauptwerk ist dagegen eine Ansammlung des Schlechten, Zerissenen, Zweifelnden, Hoffnungslosen, sich in Unheil Verstrickenden.

Warum ist das so?
Ich denke mir folgendes:
Der Mensch Albert Camus war so, wie es in dem gezeigten Reisebericht zum Vorschein kommt, einer wie du und ich, einer von den sogenannten "Stinos", den "Stinknormalen".


In den 1950iger Jahren aber war Paris von einer Kulturmafia beherrscht, in der nur das Abartige als normal und schön galt.
Bezahlt und zusammenhalten wurde dieser Kreis, der die öffentliche Meinung bestimmte, von US-amerikanischen Intellektuellen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hand in Hand, sowie von bezahlten französischen eingeweihten Mitspielern.
Später haben das einige der beteiligten US-Amerikaner (aus Scham darüber, ihren guten Namen gegeben zu haben) öffentlich gemacht. Wahrscheinlich glaubten sie anfänglich selbst, sie würden ihrem Vaterland USA auf diese Weise dienen und so sind sie dann hereingerutscht.


Sogar dem bekannten Schriftsteller Günther Grass war das vor vielen Jahren einmal aufgefallen.
Grass ist neben seiner Schreibkunst Hobbymaler. Obwohl er von seiner Schriftstellerei her weiß, daß sich hauptsächlich das Unnormale, Abartige verkauft, war er ganz erstaunt, daß er in der Malerei mit seiner gegenständlichen Kunst nicht zum Zuge kam.
In der Malerei war eben das Unnatürliche, Widernatürliche, Abartige angesagt, und zwar so weitgehend angesagt, daß für das Normale kein Platz mehr war.


Also kein Nebeneinander, aus dem der Normalmensch auswählen konnte, sondern nur das, was die Kunstmafia für richtig hielt.
Selbst in meiner Schulzeit Anfang der 1970iger Jahre haben wir im Deutschunterricht die Werke von Camus gelesen und wir sollten (so war das gedacht), ebenfalls in diesen kruden Gedankengängen denken, somit das Einfache und Nächstliegende vergessen.
(Kafka ist das Gleiche in Grün).


Dieser Zustand hielt jahrzehntelang an, und hier ist eines der Werkzeuge zu sehen, mit denen den europäischen Völkern das natürliche Empfinden für das Schöne, Wahre, Gute genommen werden sollte, sogar das Empfinden für Recht und Ordnung, sogar das Empfinden dafür, ob das eigene Überleben der europäischen Völker durch einen Massenzustrom von Menschen aus anderen Erdteilen ausgelöscht wird.


Die Maßnahme war seinerzeit wohl in erster Linie darauf berechnet, in Westeuropa die Intellektuellen von der Hinwendung zur Sowjetunion abzubringen (das war in Italien und Frankreich teilweise durchaus der Fall) und in Richtung auf die USA hin einzunorden. Wahrscheinlich haben auch andere Überlegungen eine Rolle gespielt.


Tatsächlich hat sich diese Meinungsaufdrückerei der Kunstmafia in Richtung: "Das Abartige ist wünschenswert " über viele Jahrzehnte hinweg gehalten und es hat vor allem auch im politischen Bereich schwerwiegende Folgen gehabt.


Ich denke, das Camus einfach gemerkt hat, auf welcher Seite das Brot mit Butter geschmiert ist, und daß er dann seinen Stiefel heruntergeschrieben hat.
Er hat einfach gemerkt: Das Eine wird veröffentlicht und bringt Anerkennung und Geld, das Andere wird nicht veröffentlicht und bringt auch nichts.


Mit seiner ehrlichen Reisebeschreibung aber hat er dem deutschen Volk
ein Lob gebracht, genausogroß wie hundert Jahre vor ihm Heinrich Heine,
der ebenfalls von Paris ausgehend Deutschland bereiste,
allerdings im Winter nach Hamburg reiste (Ein Wintermärchen),
Camus dagegen im Sommer zum Bodensee.


In der Beschreibung der deutschen Menschen
und in der Zuneigung zu ihnen
sind sich beide Schriftsteller gleich.





4. Weltnetzfunde zu "Albert Camus über Deutschland".
"Images d'Allemagne occupée" von Albert Camus.


Es gibt in Google nicht allzuviel Hinweise auf diesen Aufsatz von Albert Camus.

http://books.google.de/books?id=LkGGHuRDdoAC&pg=PA155&lpg=PA155&dq=
faz+camus+2003+ritter&source=bl&ots=qcabNMFyg1&sig=b4BXQH3UjiFUZcd
ab0vqupU7aYg&hl=de&sa=X&ei=fBsUUK28DYv54QSO-IHAAg&ved=0CE8Q6AEwAA#v=
onepage&q=faz%20camus%202003%20ritter&f=false
dort Seite 158 bis Seite 161
Die Bewertung und die Auswahl der Textstellen ist einseitig, aber immerhin wird auf den Bericht hingewiesen. "Images d'Allemagne occupée"

http://classiques.uqac.ca/classiques/camus_albert/camus_albert.html
Andere Werke von Albert Camus, der hier besprochene Bericht ist nicht dabei.

http://72993.forumromanum.com/member/forum/ entry_ubb.user_72993.2.1111149030.1111149030.1. hellmut_diwald_und_gutmenschen_tyrannei_an_hand_causa_loebl-tauschen_suchen_und.html
über Hellmut Diwald, das gehört hier nicht dazu, ist aber an sich auch wissenswert







Sämtliche Angaben ohne Gewähr.      Eingefügt am 27. Juli 2012


           

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Weltspiel-Geschichte-40
Albert Camus über Deutschland im Jahr 1945.

ab dem 27. Juli 2012 bis zum 27. Juli 2012

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